Hall ist stolz auf seine lange Geschichte. Der Blick auf diese Geschichte ist jedoch äußerst selektiv. Im Stadtarchiv, dem institutionalisierten Gedächtnis von Hall, findet sich nur wenig zu Migration und den Erfahrungen von MigrantInnen im 20. Jahrhundert. Die Stadtchronik und der „Haller Lokalanzeiger“ berichten vereinzelt, MigrantInnen selbst kommen jedoch nicht zu Wort. Dabei ist ihre Perspektive unerlässlich, um die jüngere Geschichte Halls erzählen zu können. Deutlich wird allerdings: Schon Ende der 1960er Jahren gehören MigrantInnen zum Alltag von Hall. Ohne sie könnte die Industrie in der Stadt nicht mehr bestehen. Welcher Blick aber auf sie vorherrscht, wird greifbar, wenn sie in einem Atemzug mit Ratten genannt werden.
Die Berichterstattung über MigrantInnen im „Haller Lokalanzeiger“ wird von kriminalisierenden Kurznachrichten dominiert. Die Haltung der JournalistInnen ist paternalistisch, oft zynisch, auch rassistisch. Einzig mit Blick auf die Wirtschaftslage kommt es zu positiven Erwähnungen. Allgegenwärtig ist die Unterscheidung in „einheimisch“ und „fremd“. Auch hier kommen die „Fremden“ aber nie selbst zu Wort, ihre Perspektive hat keinen Platz.
Auch die Chronik der Stadt Hall berichtet über die neuen Stadtbewohner. Unter anderem über das Plakatmotiv der Ausstellung, die Veranda beim Gasthof Engl.
„4.7.73 Die baufällige Veranda des „Gasthof Engl“ wird abgetragen. Der gänzlich verwahrloste Bau diente die letzten Jahre dem Ausschank an Gastarbeiter, dann ihrem und der Ratten Liebesleben.“
Chronik der Stadt Hall, 4.7.1973